Weihnachtsgedichte v. A. v. Droste Hülshoff


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Am dritten Sonntage im Advent

Evang.: Johannes sendet zu Christo. (Matth. 11, 2-11)

Auf keinen andern wart' ich mehr:
Wer soll noch Liebres kommen mir?
Wer soll so mild und doch so hehr
Mir treten an des Herzens Tür?
Wer durch des Fiebers Qual und Brennen
So liebreich meinen Namen nennen,
Ein Balsamtropfen für und für?

Du wusstest es von Ewigkeit,
Dass der Gedanke Übermaß,
Dem Sinn entzogene Herrlichkeit,
Zersprengen müsst' des Hirnes Maß;
So kommst du niedrig unsresgleichen,
Wie zu der Armut Fromme schleichen,
Sich setzend, wo der Bettler saß.

Wenn fast zum Schwindeln mich gebracht
Der wirbelnden Betrachtung Kreis,
Dann trittst du aus der Dünste Nacht.
Und deine Stimme flüstert leis:
Hier bin ich; kannst du mich erfassen,
So magst du alles andre lassen;
(Auf) meinem Kreuze(liegt) der Preis.

O Stimme, immer mir bekannt,
O Wort, das stets verständlich mir,
Du legst mir auf der Liebe Band,
Und meine Schritte folgen dir!
In Liebe glaub' ich, Liebesglauben
Fürwahr! soll keine Macht mir rauben;
Geschlossen ist des Sinnens Tür,

Gehemmt die Jagd, durch scharfen Stein
Und Dornen hetzend meinen Fuß;
Ich ruh' in deinem kühlen Hain
Und lausche deinem sanften Gruß.
Die Blinden sehn, die Kalten glühen,
Und aus des Irren Haupte ziehen
Der finstre Geist der Schatten muss.

Ich folge dir zu Berges Höhn,
Wo Leben von den Lippen fließt,
Und deine Tränen darf ich sehn,
O tausendmal mit Heil gegrüßt,
Muss in Gethsemane erzittern,
Dass Schrecken Gottes Leib erschüttern,
Blutschweiße Gottes Stirn vergießt.

Er hat gehorsam bis zum Tod,
Ja zu dem Todes eitlem Graus,
Gekostet jede Menschennot
Und trank den vollen Becher aus:
So richte dich aus Dorn und Höhle,
Du meine angstgeknickte Seele;
Auch du nur trägst ein irdisch Haus.

Lass wanken denn die Trümmer grau
Und mische deine Tränen nur
Mit deines Heilands blut'gem Tau,
Gequälter Sklave der Natur,
Er, dessen Schweiß den Grund gerötet,
Er weiß es, wie ein Seufzer betet,
Mein Jesus, meine Hoffnungsflur!


Am vierten Sonntage im Advent

Evang.: Vom Zeugnisse Johannis'. (Joh. 1, 19-28)

Fragst du mich, wer ich bin? Ich berg` es nicht:
Ein Wesen bin ich sonder Farb` und Licht.
Schau` mich nicht an, dann wendet sich dein Sinn;
Doch höre, höre, höre! denn ich bin
Des Rufers in der Wüste Stimme.

In Nächten voller Pein kam mir das Wort
Von ihm, der Balsam sät an Sumpfes Bord,
Im Skorpion der Heilung Öl gelegt,
Dem auch der wilde Dorn die Rose trägt,
Der tote Stamm entzündet sein Geglimme.

So senke deinen Augen und vernimm
Von seinem Herold deines Herren Grimm,
Und seine Gnade sei dir auch bekannt,
Der Wunde Heil, so wie der schwarze Brand,
Wenn seiner Adern Bluten hemmt der Schlimme.

Merk` auf! Ich weiß es, dass in härtster Brust
Doch schlummert das Gewissen unbewusst;
Merk` auf, wenn es erwacht, und seinen Schrei
Ersticke nicht, wie Mütter sondern Treu`
Des Bastards Wimmern und sein matt Gekrümme!

Ich weiß es auch, dass in der ganzen Welt
Dem Teufel die Altäre sind gestellt,
Dass mancher kniet demütig nicht gebeugt;
Und überm Sumpf (unschuldiglich) und leicht
Der weiße Lotos wie ein Kindlein schwimme.

Es tobt des tollen Strudels Ungetüm,
Und zitternd fliehen wir das Ungetüm;
Still liegt der Sumpf und lauert wie ein Dieb:
Wir pflücken Blumen, und es ist uns lieb,
Zu schaun des Irrlichts tanzendes Geflimme.

Drum nicht von dem Verruchten sei gewarnt;
Doch wenn dich süßer Unschuld Schein umgarnt;
Dann fächelt der Vampir, dann fahr zurück
Und senke tief, o tief in dich den Blick,
Ob leise quellend die Verwesung klimme!

Ja, wo dein Aug` sich schaudern wenden mag,
Da bist du sicher (mindsten diesen) Tag;
Doch gift`ger öfters ist ein Druck der Hand,
Die weiche Träne und der stille Brand,
Den Lorbeer treibend aus Vulkanes Grimme.

Ich bin ein Hauch nur; achtet nicht wie Tand
Mein schwaches Wehn; (um) des, der mich gesandt.
Erwacht, erwacht! Ihr steht in seinem Reich;
Denn sehet, er ist mitten unter euch,
Den ihr verkennt, und ich bin seine Stimme!


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