Gedichte zu Weihnachten v. R. Dehmel


Gedichte Weihnachten


Weihnacht im Krankenhaus

Schönen guten Abend, ihr im Leidensgewand;
neue frohe Botschaft hört aus Gnadenland!
Wir haben lang gesucht nach einem heilsamen Sterne,
bis er sich finden ließ in seiner nächtlichen Ferne.
Da haben wir ihm gewunken,
da ist er uns ans Herz gesunken.
Dann haben wir ihn festlich mit Liebe umwunden
und auf ein immergrünes Bäumlein gebunden.
Nun seht ihn! hier glänzt er, samt anderen Schätzen;
an denen mögt ihr euch später ergetzen.
Erst sollt ihr Mut schöpfen aus seinem Schimmer;
denn die Nacht ist lang, und dies Haus glänzt nicht immer.
Hier kämpft oft das Todesgrauen schwer
mit der Lebensröte um die Wiederkehr.
Hier suchen oft Seelen nach gnädigen Sternen
und finden nichts als lichtleere Fernen.
Hier strahlt jetzt, o Wunder, ein heiliger Baum
mitten im eisigen Weltenraum
und spiegelt sich
und euch und mich
im warm aufquellenden Tränentau
einer genesenden, lächelnden, liebenden Frau.
Die Mutter des Heils ist überall zugegen,
wo Menschen eine Hoffnung hegen.


Furchtbar schlimm

Vater, Vater, der Weihnachtsmann!
Eben hat er ganz laut geblasen,
viel lauter als der Postwagenmann.
Er ist gleich wieder weitergegangen,
und hat zwei furchtbar lange Nasen,
die waren ganz mit Eis behangen.
Und die eine war wie ein Schornstein,
die andre ganz klein wie'n Fliegenbein,
darauf ritten lauter, lauter Engelein,
die hielten eine großmächtige Leine,
und seine Stiefel waren wie Deine.
Und an der Leine, da ging ein Herr,
ja wirklich, Vater, wie'n alter Bär,
und die Engelein machten hottehott;
ich glaube, das war der liebe Gott.
Denn er brummte furchtbar mit dem Mund,
ganz furchtbar schlimm, ja wirklich; und -

"Aber Detta, du schwindelst ja,
das sind ja wieder lauter Lügen!"

Na, was schad't denn das, Papa?
Das macht mir doch soviel Vergnügen.

"So? - Na ja."


Weihnachtsglocken

Tauchet, heil'ge Klänge, wieder
ganz in meinen Glauben mich!
Quellet, quellt, ihr alten Lieder:
füllet ganz mit Reinheit mich!

Daß ich in die Kniee fallen,
Ein Mal wieder beten kann,
Ein Mal wie ein Kind noch lallen
und die Hände falten kann!

Denn ich fühl's: die Liebe lebet,
die in Ihm geboren worden,
ob sie gleich in Rätseln schwebet,
ob gleich Er gekreuzigt worden;

denn ich sehe fromm sie werden -
heute, Ewig fromm - die Menschen,
wenn es klinget: Fried' auf Erden
und ein Wohlgefall'n den Menschen!


Das Wunderblümlein

(Altes Weihnachtslied ergänzt.)

Uns ist ein' Ros' entsprungen
aus einer Wurzel zart;
wie uns die Alten sungen,
von Jesse kam die Art;
und hat ein Blümlein bracht
mitten im kalten Winter,
wol zu der halben Nacht.

Das Blümlein war so reine
und duftete so süß;
mit seinem milden Scheine
verklärt's die Finsternis;
und leuchtet immerdar,
tröstet die Menschenkinder
holdselig, wunderbar.

Ein Stern mit hellem Scheine
hat es der Welt verkündt,
den Hirten und den Heiden,
wo man dies Blümlein findt.
Nun ist uns nicht mehr bang,
seit aus der dunklen Erde
solch köstlich Knösplein sprang.


Eine Weihnachtsstunde

Laß, Liebster, die Lampe noch stehen
und rücke mit mir zum Kamin,
und laß in die Flammen uns sehen
und lauschen dem Zauber darin!

Und lege dein Haupt ans Herz mir
und blicke nicht traurig drein,
daß wir am Heiligen Abend
im Dunkeln sitzen! allein!

Horch, wie im Ofen wispert
die Glut ihr heimlich Lied!
schau, wie ein Lichterreigen
über die Diele zieht!

Draus schwillt's wie ein Singen und Weben
von Märchenherrlichkeit,
drin spielt's wie ein Schwingen und Schweben
von Träumen der Kinderzeit:

als wir noch fromm gebetet
zum lieben Jesuchrist,
der für uns arme Sünder
vom Himmel kommen ist, -

als wir noch nicht verstanden,
warum auf Golgatha
ein brechend Menschenauge
einst mild zur Erde sah.

Und denke der großen Liebe,
die treu bis in den Tod
gerungen und gelitten
für all der Brüder Not!

Und denke des großen Glaubens,
den Er zur Menschheit trug
noch in der letzten Stunde,
da man ans Kreuz ihn schlug!

Und blicke nicht trüb, mein Liebster,
daß Du noch ringst allein!
und hoffe wie Er, daß Einstens
die Goldne Zeit wird sein! - -

Nun sehe dein Auge ich leuchten
und strahlen Eigne Glut,
nun richtet das Haupt dir wieder
empor der alte Mut.

Du bist mein Stolzer, mein Starker!
du führst es Alles aus!
Oh gründe und baue nur weiter
an deinem stolzen Haus! -

Und übers Jahr ist's anders -
neig' her dein Ohr geschwind:
da schmücken wir ein Bäumchen
für ein lieb Menschenkind.


Gedichte Weihnachten