Weihnachtstexte v. O. Häring


Weihnachtstexte Weihnachtstext


Im Schnee

Ein Wandrer lenkt die müden Schritte
Mit Mühe durch den hohen Schnee,
Tief unten in des Tales Mitte,
Sein Ziel ist dort das Dorf am See.

Er hat sich lange, bange Jahre
In Arbeit redlich, hart gemüht;
Es zeugen seine Silberhaare,
Daß ihm das Leben abgeblüht.

Horch', wie ein leises Liebeslocken
In den verschneiten Lüften schwimmt!
Es sind des Dorfes ferne Glocken,
Zu frommem Weihnachtsgruß gestimmt.

Dem süßen Klange muß er lauschen.
Wie der sein wundes Herz umwirbt,
Und still im Wind und Waldesrauschen
Wie Schmerz und leises Weh erstirbt.

Nun winken ihm des Dorfes Stätten,
Und zaghaft klopft er an die Tür:
Er möchte für die Nacht sich betten ...
Den Leuten scheint es Ungebühr.

Ob auch das harte Wort ihn schrecket,
Der Alte klopft an jedes Haus;
Doch keine Freistatt er entdecket,
Man weist ihn überall hinaus. -

Aus den erwärmten, schmucken Zimmern
Erstrahlt der Weihnachtsbäume Pracht.
Der Alte, ach! in Schneelichtsflimmern
Irrt weiter durch die dunkle Nacht.

Und wo die letzten Häuser enden
Liegt öde Weite, stumm und kahl.
Hier will der Weg nach links sich wenden,
So scheint es in des Mondes Strahl.

Und milde in der weiten Wildnis
Winkt ihm ein Mutter-Gottes-Bild.
Da kniet er vor der Jungfrau Bildnis,
Die gnädig alle Schmerzen stillt

"Maria, Jungfrau benedeite,
Ich fleh zum letztenmal zu dir,
Schenk du mir Trost, gib mir's Geleite
Und lasse Ruh' mich finden hier.

Lass' liebend mir herniedertauen
Den Strahl von deinem Angesicht
Und führe mich durch Himmelsauen
Zu deines Sohnes Gnadenlicht!" -

Des Weltgerichts Posaunen dröhnen
In mächt'gen Lauten, langgedehnt
Und Engelschöre lieblich tönen. -
Ach, wie sein müdes Herz sich sehnt ...

Und als der Christustag geboren,
Der schöne Tag, so wundermild,
Da lag der alte Mann erfroren
Und tot am Mutter-Gottes-Bild.


Weihnachten

(Weihnachtslied.)

Ich bin der fromme heil'ge Christ,
Ich komm' zu allen Kindern.
Weil heute mein Geburtstag ist,
Will alles Weh ich lindern;

Weil heute mein Geburtstag ist,
So seid ihr all' geladen.
Ihr Kinder, groß und klein, o wißt,
Ich bin euch hold in Gnaden.

Ich hab' in Sternenkerzenpracht
Den Baum euch angezündet,
Der von der ew'gen Liebe Macht
Und der Erlösung kündet.

Ich lade alle, alle ein,
Die Kranken auch und Armen;
Sie sollen mir willkommen sein,
Ich will mich ihr' erbarmen.

Christkindlein ladet alle ein,
Die Schuldigen und Reinen;
Ich will am güldnen Baume fein
Sie liebend all' vereinen.

Ich mache fromm und gut und rein
All' meiner Kinder Herzen,
So hell und rein, voll Lust und Schein
Wie meines Baumes Kerzen.

Ich bin der fromme heil'ge Christ
Und komm' mit reichen Gaben:
Weil heute mein Geburtstag ist,
Soll jeder Freude haben.


Weihnachts-Erinnerung

Es prangen alle Räume
Im Festschmuck, reich und schwer,
Es blinken Tannenbäume
Aus hellen Fenstern her.

Die Sehnsucht, die gemeinsam
Nach hellem Weihnachtsstern
Lebt allen, die da einsam
Zurück sich träumen gern,

Hat mir den Blick erhoben
Empor zum Sternenraum.
Da taut herab von oben
Der alte Märchentraum:

Ich bin ein Kindlein wieder,
Bin klein und froh und jung,
Ich höre Weihnachtslieder
In der Erinnerung.

Wie das voll Lust und Wehe,
Wie das so selig ist,
Als ob herniedersehe
Auf mich der heil'ge Christ.


Das tote Schwesterlein

Die Weihnachtsglocken läuten.
Es deckt die Friedhofsruh'
Nun all die schneebestreuten
Grabstätten heimlich zu.

So liegt der Ort in Frieden
Weit außerhalb der Stadt,
Dort, wo der Tod hienieden
Die stille Herrschaft hat. -

Ein kleiner Totenhügel
Birgt großes Leid und Weh.
Der Wind regt seine Flügel
Und weht heran den Schnee.

Es tritt mit leichtem Schritte
Dem stillen Grabe nah,
Tannbäumchen in der Mitte,
Ein Kinderpärchen da.

Sie haben mit den Händen
Den Schnee vom Grab entfernt;
Dem Schwesterlein sie senden
Den Gruß, den sie gelernt.

Dann unter Weinen, Schmerzen
Entzünden sie am Baum
Die hellen Weihnachtskerzen
Als Schmuck am Grabessaum.

Und süße Zuckerspeise
An jedem Zweige ist,
Daß auf der Himmelsreise
Sie Schwesterlein nicht mißt.

Die Kleinen knieen nieder
In aller Sternenpracht,
Und lieblich hallt es wider,
Ihr Lied von heil'ger Nacht.


Tannenbaum

Er steht und grünt in Einsamkeit.
Der Wald liegt schweigend, tief verschneit.
Er prangt in heller Lichter Glanz
In Weihnachtsfeier-Strahlenkranz. -
Der Frühling schmückt ihn licht im Grün,
An jedem Zweige Lichter blühn.
Sie streben auf zur Himmelsluft
Und füllen sie mit frischem Duft. -
So feiert er in Duft und Pracht
Des Lenzes heil'ge Weihenacht.


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