Weihnachtsgedichte v. G. Falke


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An der Wiege

Schrei nur, kleiner Schreihals, schrei,
strample mit den rosigen Füßen -
Deinen Hunger nach dem Brei,
deine Schmerzen laß uns büßen!

Diese Welt, in die hinein
wir dich zerrten, ohne Fragen,
wird nur dem genießbar sein,
der sich frech weiß durchzuschlagen!

Wer ihr rasch die Fäuste zeigt,
wird sich ihre Rosen pflücken -
Wer bescheiden steht und schweigt,
muß mit nacktem Dorn sich schmücken.


Weihnachtssperlinge

Vor meinem Fenster die kahlen Buchen
Sind über und über mit Schnee behangen.
Die Vögel, die da im Sommer sangen,
Wo die wohl jetzt ihr Futter suchen?
Im ferneren Süden sitzen sie warm
Und wissen nichts von Hunger und Harm.

Ihre ärmlichen Vettern, die Spatzen und Krähen,
Müssen sich durch den Winter schlagen,
Müssen oft mit leerem Magen
Vergebens nach einem Frühstück spähen.
Da kommen sie dann auf mein Fensterbrett:
Gesegnete Mahlzeit, wie sitzt du im Fett!

Eine unverschämte Bemerkung!
Aber was will man von Spatzen verlangen?
Sind nie in die Anstandsstunde gegangen,
Und Not gibt ihrer Frechheit Stärkung.
Und schließlich, hungern ist nicht gesund
Und für manches ein Milderungsgrund.

Da laß ichs dann gelten und kann mich gar freuen,
Wenn meine beiden Mädel leise,
- Leise ist sonst nicht ihre Weise -
Den kleinen Bettlern Brotkrümlein streuen.
Ich belausch sie da gern, es ist ihnen mehr
Als ein Spaß, es kommt vom Herzen her.

Ja, sie geben beide gerne,
Gütige Hände sind ihnen eigen.
Doch will ich mich nicht in Lob versteigen,
Und daß ich mich nicht von der Wahrheit entferne:
Untereinander gönnt oft keins
Dem andern ein größeres Stück als seins.

Oft sind sie auch selbst wie die Spatzen und Raben,
Das Brüderchen ist dann im Bunde der dritte,
Da zwitschern sie auch ihr bitte! bitte!
Reißen den Hals auf und wollen was haben.
Sommers und Winters, Winters zumeist,
Und gar um Advent herum werden sie dreist.

Dann fangen sie an zu bitten und betteln:
Papa, zu Weihnacht, du hast mirs versprochen,
Ich möcht einen Herd, so richtig zum Kochen,
Und ich ein Zweirad. Auf Weihnachtswunschzetteln
Wachsen die stolzesten Träume sich aus.
Knecht Ruprecht schleppt das schon alles ins Haus.

Und morgens, da steht von den zierlichsten Schuhen
Je einer, ganz heimlich hingestellt,
An dem allersichtbarsten Platz der Welt.
Die Schelme können des Nachts kaum ruhen:
Ob wohl der Weihnachtsmann sie entdeckt?
Ob er wohl was in den Schuh uns steckt?

Der Weihnachtsmann! Er muß bald kommen.
Schon stapft er durch die beschneiten Felder,
Hat vom Rand der weißen Wälder
Ein grünes Tännlein mitgenommen.
Von unseren Buchen die Spatzen und Krähn
Können ihn sicher schon erspähn.

Gewiß, sie haben den guten Alten
Schon gesehen! Sie lärmen und kreischen,
Als wollten sie doppelte Brocken erheischen,
Und hätten sie Schühlein vom Herrgott erhalten,
Ich fände sie morgens alle, ich wett,
Eine zierliche Reih, auf dem Fensterbrett.

Das wär eine Wonne für meine Kleinen!
Die gütigen Hände würden sich regen
Und jedem was in sein Schühlein legen,
Ein Brötchen, ein Krümchen, vergäßen nicht einen,
Und ihr rosiges Kindergesicht
Strahlte dabei wie ein Weihnachtslicht.

Ich aber will doch morgen sehen
- Wir haben ja schon Advent geschrieben -
Ob es beim alten Brauch geblieben
Und wohl irgendwo Schühlein stehn.
Rechte Spatzenpantoffel mögen es sein,
Und geht gewiß nicht viel hinein.


Weihnacht

In diesen Wochen heimlich aufgeblüht,
Des Kinderglaubens zarte Wunderblume -
Der keusche Kelch, wie lieblich er erglüht.
Ich knie vor dem vergeßnen Heiligtume
In holder Scheu, wie einst der Knabe, nieder
Und atme solche Segensdüfte wieder
Mit durstendem Gemüt
Und allen süßen Schauern ein.

Kein Laut von außen soll mich stören
Und kein Gedanke fremder Scham,
Dir reinen Herzens, kindlich zu gehören.
Ich lausch, durchs Wolkentor, den heiligen Himmelschören,
Dem Engelsgruß, der zu den Hirten kam,
Ich seh das Kreuz, vernehm des Heilands Stimme,
Und seh sein Blut, das auf die schlimme,
Die arge Welt wie lauter Rosen taut:
Ich sterb für dich, du meine süße Braut.

Kniet, Stolz und Trotz, die Stirne tief geneigt,
All euer Prahlen thront auf toten Grüften,
Daraus kein Hauch des ewigen Lebens steigt.
Hier badet euch in diesen holden Düften:
Dies zarte Blümlein, weiß und schlicht,
Es birgt in seinem Kelch das Licht,
Das alles Leuchten dieser Welt
Mit seinem Glänzen überhellt.
So hoch ihr steigt, von Schein zu Schein,
Das letzte Licht, es wird ein Wunder sein.


Die Weihnachtsbäume

Nun kommen die vielen Weihnachtsbäume
Aus dem Wald in die Stadt herein.
Träumen sie ihre Waldesträume
Weiter beim Laternenschein?

Könnten sie sprechen! Die holden Geschichten
Von der Waldfrau, die Märchen webt,
Was wir uns alles erst erdichten,
Sie haben das alles wirklich erlebt.

Da stehn sie nun an den Straßen und schauen
Wunderlich und fremd darein,
Als ob sie der Zukunft nicht recht trauen,
Es muss da was im Werke sein.

Freilich, wenn sie dann in den Stuben
Im Schmuck der hellen Kerzen stehn
Und den kleinen Mädchen und Buben
In die glänzenden Augen sehn,

Dann ist ihnen auf einmal, als hätte
Ihnen das alles schon mal geträumt,
Als sie noch im Wurzelbette
Den stillen Waldweg eingesäumt.

Dann stehen sie da, so still und selig,
Als wäre ihr heimlichstes Wünschen erfüllt,
Als hätte sich ihnen doch allmählich
Ihres Lebens Sinn enthüllt;

Als wären sie für Konfekt und Lichter
Vorherbestimmt, und es müsste so sein.
Und ihre spitzen Nadelgesichter
Blicken ganz verklärt darein.


Idyll

Maria, unterm Lindenbaum,
Lullt ihren Sohn in Schlaf und Traum.

Herr Joseph auch, der wackre Greis,
Ist eingenickt und schnarcht ganz leis.

Vier Englein aber hocken dicht
Auf einem Ast und schlafen nicht.

Sie schlafen nicht und singen sacht,
Kein' Nachtigall es besser macht.

Groß überm Wald her, Himmelsruh,
Hebt sich der Mond und guckt herzu.

Maria reißt die Augen auf,
Ihr fiel ein Schlummerkörnlein drauf.

Und ist erst in der halben Nacht,
Daß sie bei ihrem Kind gewacht.

Sie sieht in all den Silberschein
Mit großen Augen still hinein.

Hört kaum das Lied von obenher,
Ihr Herz ist bang, ihr Herz ist schwer.

Ein Tränlein fällt ihr auf die Hand
Und blitzt im Mond wie ein Demant.


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