Reime zu Weihnachten v. R. Presber


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Am hellen Baum

Nun laßt uns uns die Hände geben
Und still am hellen Baume stehn -
Wie oft hat uns das dunkle Leben
Im Kampfe und als Feind gesehn.

Wie oft sind rauh wir ausgezogen
In Trotz und Schweigen, waffenschwer,
Und alle Liebe schien verflogen,
Versprengt auf Nimmerwiederkehr.

Es schwieg der frommen Lerche Singen,
Und abgeblüht war Ried und Feld,
Und nur vom Hassen und vom Ringen
Das harte Lied schwang durch die Welt ...

Doch diese Stunde mit den hellen
Kerzen der Liebe schlingt das Band:
Wir steigen zu den heil'gen Quellen
Der sel'gen Kindheit Hand in Hand.

Wir schaun den Wald der Lichterbäume,
Die einstens, einst für uns entfacht,
Und segnen unsre toten Träume
Im milden Schauer dieser Nacht.

Dem Alltag fern, dem Marktgetriebe,
Um unsre kühle Stirne weht
Ein Weihegruß der großen Liebe,
Die für die Menschheit sterben geht.

Schnee deckt die Stapfen unsrer Pfade,
Und über weiße Felder klingt
Ein Hirtenlied der großen Gnade,
Die endlich uns den Frieden bringt.

Und jene, die sich schon geborgen
In Hafenruh nach Sturm und Schlacht,
Die sprechen bis zum Weihnachtsmorgen
Mit uns die ganze, ganze Nacht ...


Zur Weihnachtszeit

Müde war ich des Getriebes
Und von Grillenspuk geplagt,
Keiner, der mir etwas Liebes
Mit der Freundschaft Stimme sagt.
Rings ein Haufe fremder Massen -
Und ein stolzer Schutzmann ritt ...
Und so ging ich durch die Gassen
Trotzig und mit hartem Schritt.

Glitzernd aus den Erkern streuten
Helle Birnen weißes Licht,
All die bunten Dinge freuten
Mein umflortes Auge nicht.
Und ein Schmerz, ein nie gefühlter,
Trieb mich durch die frohe Schar,
Der ich wie auf meerumspülter
Insel ganz vereinsamt war.

Plötzlich an der Straßen Ecken,
Wo das Volk sich klemmt und staut,
Streift mir, wie mit sanftem Necken
Leicht ein grüner Zweig die Haut.
Aufgeputzt mit Tand und Bändchen,
Auf den Ästchen Flock' und Schaum,
Schwankt in roten Kinderhändchen
Mir vorbei ein Weihnachtsbaum.

"Um Verzeihung, Herr, ich bitte" - -
Kind, da ist nichts zu verzeihn.
Faß das Bäumchen in der Mitte;
Siehst du, so wird's besser sein ...
Wie ich so dem Bübchen richte
Seine froh geschleppte Last,
Ist mir's doch, als hätt' das schlichte
Bäumchen meine Hand gefaßt.

Ist es mir, als ob mich streichelt'
Leise sein geschmückter Zweig;
Ein erinnernd Düften schmeichelt
Sich ins Herz mir, gut und weich.
Fernher hör' ich Weihnachtslieder
Und der Lärm der Straße schweigt,
Und aus Abendwolken nieder
Meine tote Jugend steigt.

Stimmen wie aus tiefer Ferne
Klingen gütig mir herauf,
Und es schlagen goldne Sterne
Ihre Himmelsaugen auf.
Und der kleine Kaufmannsladen
Breitet seine Schätze aus,
Und ein Schwarm von Zinnsoldaten
Macht Paradeschritt durch's Haus.

Und mit ihren Zittertönen
Fällt die alte Spieluhr ein:
Kling und klang, bei all dem Schönen
Darf sie nicht vergessen sein.
Und auf bunten Tellern häufen
Braune Kuchen sich zum Fest,
Und die kleinen Lichter träufen
Köstlich Wachs in das Geäst ...

So, nun faß und lauf, mein Kleiner,
Sei ein froher Weihnachtsgast,
Diesen Taler schenkt dir einer,
Dem du mehr gegeben hast.
Heb dir auf als kluger Sparer,
Was du heute nicht verstehst,
Daß du einst als Undankbarer
Nicht durch frohe Menschen gehst!


Nach Bethlehem

Vor Jahren war ich in Bethlehem.
Im Landauer fuhren wir, leidlich bequem.

Ein Jude aus Lyda saß auf dem Bock,
In rotem Fez und in schmierigem Rock.

Und neben ihm, so dick wie ein Faß,
Pistolen im Gürtel, der Kawaß;

Den Dolch von Silber, den Turban bunt,
Und recht ein tückischer türkischer Hund.

Durch das Jaffator die Straße entlang -
Drei Pferde in müdem schlotterndem Gang.

Und hinter uns, flimmernd im Sonnenrot,
Jerusalems Mauern, so starr und tot.

In Kaktushecken, dürr und schmal,
Der Ölberg über dem Kidrontal ...

Hinein in das Städtchen auf heiliger Spur -
Ein Haufen von steinernen Würfeln nur.

Armselige Häuser mit offenem Tor
Und schmutzige struppige Kinder davor.

Und räudige Hunde, mager und faul,
Die roten Zungen aus triefendem Maul.

Nicht Vogel noch Blume noch Schmetterling,
Wo Jungfrau Maria leiden ging.

Kein Kinderlachen am Frühlingstag,
Wo Jesus einst in der Krippe lag.

Im dämmrigen Kirchlein ein silberner Stern
Im Boden. Hier stand die Wiege des Herrn.

Hier strömen aus allen Ländern weit
Zusammen die Träume der Christenheit.

Hier gönnt der Armenier dem Kopten nicht
Den Raum zum Gebet noch das Opferlicht.

Hier spuckt der Lateiner den Griechen an,
Weil der in den Himmel nicht kommen kann.

Hier treten sich Popen zum Zeitvertreib
Voll Glaubenswut in den Unterleib.

Sie hassen einander und beten zum Kind,
Weil alle so gute Christen sind ...

Und wenn die heilige Weihnacht kommt;
Dann kenn' ich besseren Weg, der frommt,

Nicht jenen, den ich dazumal
Gefahren im Frühling durchs Kidrontal.

Ich schaue, von goldig flimmernder Last
Gebeugt, manch freundlichen Tannenast.

Und drunter im Moos aus farbigem Holz:
Die Krippe, meiner Kindheit Stolz.

Da liegt von Wachs ein Kindlein darin;
Und Hirten umstehen's und Könige knien.

Wollschafe, ein Schellchen am roten Band,
Breitbeinig stehen im grünen Land.

Ein Quellchen glitzert aus Silberpapier,
Das hab' ich selber ersonnen mir.

Maria sitzt strahlend im goldenen Kleid,
Der heilige Joseph höflich zur Seit'.

Das Eselein aber steht lustig am Tor,
Und weil es, weiß Gott wie, das Schwänzlein verlor,

Hab' ich in der Christnacht, noch weiß ich's, ganz spät
Aus eigenem Haar ihm ein Schwänzlein gedreht ...

Und Krippe und Esel und Mutter und Kind -
Wohin sie wohl alle gekommen sind ?

Doch Träumen und Grämen und Grübeln, was soll's?
Sie waren aus Wachs nur, sie waren aus Holz.

Nur wenn es läutet zur heiligen Nacht,
Dann hab' ich die Augen zugemacht,

Und sehe mich selbst; mit kindlicher Hand
Stell' ich die hölzernen Hirten ins Land;

Die heiligen Kön'ge, den Esel, die Kuh,
Das Wachskind und die Maria dazu.

Dann grüß' ich dich wieder, du lieber Baum,
Du seliger Glaube, du deutscher Traum!

Dann sind mir die Kinder und Engel nah -
Dann find' ich dich, Bethlehem Ephrata!


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