Weihnachtsgedichte v. O. J. Bierbaum


Weihnachts Gedichte Weihnachts Gedicht


Die heiligen drei Könige des Elends

Über einem Häusel, ganz weiß beschneet,
Golden ein flimmernder Funkelstern steht.

Weiß alle Wege, die Bäume alle weiß,
Milde des goldenen Sternes Gegleiß.

Gelb aus dem Fenster ein Lichtschein schräg
Über das Gärtchen, über den Weg.

Sieh, da über den Feldweg quer
Stakt ein steingrauer Alter her,

Ganz in Lumpen und Flicken getan,
Und hält vor dem Hause an.

Haucht in die Hände und sieht sich um,
Blickt zum Sterne und wartet stumm.

Kommt von der andern Seite an
Wieder ein alter zerlumpter Mann.

Geben sich beide stumm die Hand,
Starren zum Sterne unverwandt.

Kommt ein dritter und grüßt die zwei,
Raunen und tuscheln und deuten die drei.

Blicken zum Sterne, blicken zur Tür;
Tritt ein bärtiger Mann herfür:

"Kamt in Mühen und Sehnen weit;
Geht nach Hause! Es ist nicht die Zeit . . ."

Senken die Köpfe leis und gehn
Müde fort. Es hebt sich ein Wehn,

Hebt sich ein Stürmen, Wirbeln, Gebraus,
Und der goldene Stern löscht aus.


Eisblumen zu Weihnachten

Das unfruchtbare Eis, kalt, panzerglatt,
Verhärtet Leben, das dem Tode dient,
Der sich, der Farblose, mit ihm umschient -
Das Eis, das keine Seele hat,
Das unbewegte, allen Lebens Bann:

Das starre Eis selbst ist nicht tot.
In ihm auch wirkt gestaltendes Gebot,
Der Schönheit Triebkraft ward auch ihm:
Er setzt geheimnisvolle Blüten an,
Und Schwingenrispen, wie dem Seraphim
Gefiederüppig sie aus Schulternrund,
Gekraust, geschwungen, tausendförmig und
In tausend Formen eine Form, entsprießen,
Die ärmste Scherbe trägt ein Wundernetz,
Und alles gleißt von Wundersilberfliesen.
Sieh, Mensch, mit Andacht diesem Wunder zu
Und glaub ans Leben! Überall sind Triebe.
Es ist kein Wahn: Im Tode selbst ist Liebe,
Und neues Werden und bewegte Ruh.


Der Stern von Bethlehem

Es stand ein Stern ob einem Dach,
Dem reisten Weise und Könige nach;
Und war kein Schloss und kein Palast
Dem seligen Sterne Lust und Rast:
War nur ein Hüttlein und ein Stall.
Und ging doch von ihm aus ein Schwall
Von Licht und allerhellstem Schein.
Denn in ihm lag ein Kindlein klein,
Des Herz war aller Liebe Samen,
Darum die Weisen und Könige kamen.
Die Weisen und Könige boten dar,
Was ihre Weisheit und Reichtum war;

Die Weisen und Könige knieten hin
Und fühlten des Lebens geheiligten Sinn;
Die Weisen und Könige hatten das Glück
Gesehn und gewonnen und reisten zurück.
Das ist vor grauer Zeit geschehn.
Kein Stern blieb seither stille stehn,
Und Weise und Könige sind zumeist
Anderen Sternen nachgereist.
Doch immer, wenn das rollende Jahr
Zum Tag kommt, da es geschehen war,
Dass zu Bethlehem der heilige Christ
Der wirren Welt geboren ist,

Entzünden wir kleiner Sterne Schein
Und kehren in uns selber ein,
Und fühlen, dass sehr weise gewesen
Die Wanderer aus Morgenland,
Die sich dem Sterne zugewandt,
Von dem wir in den Büchern lesen.


Weihnachts Gedichte Weihnachts Gedicht